Сиддхартха (На немецком языке)
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Es ging von der FXhre und von den beiden FXhrleuten etwas aus, das manche von den Reisenden spXrten. Es geschah zuweilen, dass ein Reisender, nachdem er in das Gesicht eines der FXhrmXnner geblickt hatte, sein Leben zu erzXhlen begann, Leid erzXhlte, BXses bekannte, Trost und Rat erbat. Es geschah zuweilen, dass einer um Erlaubnis bat, einen Abend bei ihnen zu verweilen, um dem Flusse zuzuhXren. Es geschah auch, dass Neugierige kamen, welchen erzXhlt worden war, an dieser FXhre lebten zwei Weise, oder Zauberer, oder Heilige. Die Neugierigen stellten viele Fragen, aber sie bekamen keine Antworten, und sie fanden weder Zauberer noch Weise, sie fanden nur zwei alte freundliche MXnnlein, welche stumm zu sein und etwas sonderbar und verblXdet schienen. Und die Neugierigen lachten, und unterhielten sich darXber, wie tXricht und leichtglXubig doch das Volk solche leere GerXchte verbreite.
Die Jahre gingen hin und keiner zXhlte sie. Da kamen einst MXnche gepilgert, AnhXnger des Gotama, des Buddha, welche baten, sie Xber den Fluss zu setzen, und von ihnen erfuhren die FXhrmXnner, dass sie eiligst zu ihrem groXen Lehrer zurXck wanderten, denn es habe sich die Nachricht verbreitet, der Erhabene sei todkrank und werde bald seinen letzten Menschentod sterben, um zur ErlXsung einzugehen. Nicht lange, so kam eine neue Schar MXnche gepilgert, und wieder eine, und sowohl die MXnche wie die meisten der Xbrigen Reisenden und Wanderer sprachen von nichts anderem als von Gotama und seinem nahen Tode. Und wie zu einem Kriegszug oder zur KrXnung eines KXnigs von Xberall und allen Seiten her die Menschen strXmen und sich gleich Ameisen in Scharen sammeln, so strXmten sie, wie von einem Zauber gezogen, dahin, wo der groXe Buddha seinen Tod erwartete, wo das Ungeheure geschehen und der groXe Vollendete eines Weltalters zur Herrlichkeit eingehen sollte.
Viel gedachte Siddhartha in dieser Zeit des sterbenden Weisen, des groXen Lehrers, dessen Stimme VXlker ermahnt und Hunderttausende erweckt hatte, dessen Stimme auch er einst vernommen, dessen heiliges Antlitz auch er einst mit Ehrfurcht geschaut hatte. Freundlich gedachte er seiner, sah seinen Weg der Vollendung vor Augen, und erinnerte sich mit LXcheln der Worte, welche er einst als junger Mann an ihn, den Erhabenen, gerichtet hatte. Es waren, so schien ihm, stolze und altkluge Worte gewesen, lXchelnd erinnerte er sich ihrer. LXngst wusste er sich nicht mehr von Gotama getrennt, dessen Lehre er doch nicht hatte annehmen kXnnen. Nein, keine Lehre konnte ein wahrhaft Suchender annehmen, einer, der wahrhaft finden wollte. Der aber, der gefunden hat, der konnte jede, jede Lehre gutheiXen, jeden Weg, jedes Ziel, ihn trennte nichts mehr von all den tausend anderen, welche im Ewigen lebten, welche das GXttliche atmeten.
An einem dieser Tage, da so viele zum sterbenden Buddha pilgerten, pilgerte zu ihm auch Kamala, einst die schXnste der Kurtisanen. LXngst hatte sie sich aus ihrem vorigen Leben zurXckgezogen, hatte ihren Garten den MXnchen Gotamas geschenkt, hatte ihre Zuflucht zur Lehre genommen, gehXrte zu den Freundinnen und WohltXterinnen der Pilgernden. Zusammen mit dem Knaben Siddhartha, ihrem Sohne, hatte sie auf die Nachricht vom nahen Tode Gotamas hin sich auf den Weg gemacht, in einfachem Kleide, zu Fuss. Mit ihrem SXhnlein war sie am Flusse unterwegs; der Knabe aber war bald ermXdet, begehrte nach Hause zurXck, begehrte zu rasten, begehrte zu essen, wurde trotzig und weinerlich.
Kamala musste hXufig mit ihm rasten, er war gewohnt, seinen Willen gegen sie zu behaupten, sie musste ihn fXttern, musste ihn trXsten, musste ihn schelten. Er begriff nicht, warum er mit seiner Mutter diese mXhsame und traurige Pilgerschaft habe antreten mXssen, an einen unbekannten Ort, zu einem fremden Manne, welcher heilig war und welcher im Sterben lag. Mochte er sterben, was ging dies den Knaben an?
Die Pilgernden waren nicht mehr ferne von Vasudevas FXhre, als der kleine Siddhartha abermals seine Mutter zu einer Rast nXtigte. Auch sie selbst, Kamala, war ermXdet, und wXhrend der Knabe an einer Banane kaute, kauerte sie sich am Boden nieder, schloss ein wenig die Augen und ruhte. PlXtzlich aber stieX sie einen klagenden Schrei aus, der Knabe sah sie erschrocken an und sah ihr Gesicht von Entsetzen gebleicht, und unter ihrem Kleide hervor entwich eine kleine schwarze Schlange, von welcher Kamala gebissen war.
Eilig liefen sie nun beide des Weges, um zu Menschen zu kommen, und kamen bis in die NXhe der FXhre, dort sank Kamala zusammen, und vermochte nicht weiter zu gehen. Der Knabe aber erhob ein klXgliches Geschrei, dazwischen kXsste und umhalste er seine Mutter, und auch sie stimmte in seine lauten Hilferufe ein, bis die TXne Vasudevas Ohr erreichten, der bei der FXhre stand. Schnell kam er gegangen, nahm die Frau auf die Arme, trug sie ins Boot, der Knabe lief mit, und bald kamen sie alle in der HXtte an, wo Siddhartha am Herde stand und eben Feuer machte. Er blickte auf und sah zuerst das Gesicht des Knaben, das ihn wunderlich erinnerte, an Vergessenes mahnte. Dann sah er Kamala, die er alsbald erkannte, obwohl sie besinnungslos im Arm des FXhrmanns lag, und nun wusste er, dass es sein eigner Sohn sei, dessen Gesicht ihn so sehr gemahnt hatte, und das Herz bewegte sich in seiner Brust.
Kamalas Wunde wurde gewaschen, war aber schon schwarz und ihr Leib angeschwollen, ein Heiltrank wurde ihr eingeflXsst. Ihr Bewusstsein kehrte zurXck, sie lag auf Siddharthas Lager in der HXtte, und Xber sie gebeugt stand Siddhartha, der sie einst so sehr geliebt hatte. Es schien ihr ein Traum zu sein, lXchelnd blickte sie in ihres Freundes Gesicht, nur langsam erkannte sie ihre Lage, erinnerte sich des Bisses, rief Xngstlich nach dem Knaben.
"Er ist bei dir, sei ohne Sorge," sagte Siddhartha.
Kamala blickte in seine Augen. Sie sprach mit schwerer Zunge, vom Gift gelXhmt. "Du bist alt geworden, Lieber," sagte sie, "grau bist du geworden. Aber du gleichst dem jungen Samana, der einst ohne Kleider mit staubigen FXen zu mir in den Garten kam. Du gleichst ihm viel mehr, als du ihm damals glichest, da du mich und Kamaswami verlassen hast. In den Augen gleichst du ihm, Siddhartha. Ach, auch ich bin alt geworden, alt X kanntest du mich denn noch?"
Siddhartha lXchelte: "Sogleich kannte ich dich, Kamala, Liebe."
Kamala deutete auf ihren Knaben und sagte: "Kanntest du auch ihn? Er ist dein Sohn."
Ihre Augen wurden irr und fielen zu. Der Knabe weinte, Siddhartha nahm ihn auf seine Knie, lieX ihn weinen, streichelte sein Haar, und beim Anblick des Kindergesichtes fiel ein brahmanisches Gebet ihm ein, das er einst gelernt hatte, als er selbst ein kleiner Knabe war. Langsam, mit singender Stimme, begann er es zu sprechen, aus der Vergangenheit und Kindheit her kamen ihm die Worte geflossen. Und unter seinem Singsang wurde der Knabe ruhig, schluchzte noch hin und wieder auf und schlief ein. Siddhartha legte ihn auf Vasudevas Lager. Vasudeva stand am Herd und kochte Reis. Siddhartha warf ihm einen Blick zu, den er lXchelnd erwiderte.
"Sie wird sterben," sagte Siddhartha leise.
Vasudeva nickte, Xber sein freundliches Gesicht lief der Feuerschein vom Herde.
Nochmals erwachte Kamala zum Bewusstsein. Schmerz verzog ihr Gesicht, Siddharthas Auge las das Leiden auf ihrem Munde, auf ihren erblassten Wangen. Stille las er es, aufmerksam, wartend, in ihr Leiden versenkt. Kamala fXhlte es, ihr Blick suchte sein Auge.
Ihn anblickend, sagte sie: "Nun sehe ich, dass auch deine Augen sich verXndert haben. Ganz anders sind sie geworden. Woran doch erkenne ich noch, dass du Siddhartha bist? Du bist es, und bist es nicht."