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1913 Созерцание (сборник)
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Ich sah ein wenig hin, dann sagte ich »Guten Tag« und nahm meinen Rock vom Ofenschirm, weil ich nicht so halb nackt dastehen wollte. Ein Weilchen lang hielt ich den Mund offen, damit mich die Aufregung durch den Mund verlasse. Ich hatte schlechten Speichel in mir, im Gesicht zitterten mir die Augenwimpern, kurz, es fehlte mir nichts, als gerade dieser allerdings erwartete Besuch.

Das Kind stand noch an der Wand auf dem gleichen Platz, es hatte die rechte Hand an die Mauer gepresst und konnte, ganz rotwangig, dessen nicht satt werden, dass die weissget"unchte Wand grobk"ornig war und die Fingerspitzen rieb. Ich sagte: »Wollen Sie tats"achlich zu mir? Ist es kein Irrtum? Nichts leichter als ein Irrtum in diesem grossen Hause. Ich heisse Soundso, wohne im dritten Stock. Bin ich also der, den Sie besuchen wollen?«

»Ruhe, Ruhe!« sagte das Kind "uber die Schulter weg,

»alles ist schon richtig.«

»Dann kommen Sie weiter ins Zimmer herein, ich m"ochte die T"ur schliessen.«

»Die T"ur habe ich jetzt gerade geschlossen. Machen Sie sich keine M"uhe. Beruhigen Sie sich "uberhaupt.«

»Reden Sie nicht von M"uhe. Aber auf diesem Gange wohnt eine Menge Leute, alle sind nat"urlich meine Bekannten; die meisten kommen jetzt aus den Gesch"aften; wenn sie in einem Zimmer reden h"oren, glauben sie einfach das Recht zu haben, aufzumachen und nachzuschaun, was los ist. Es ist einmal schon so. Diese Leute haben die t"agliche Arbeit hinter sich; wem w"urden sie sich in der provisorischen Abendfreiheit unterwerfen! "Ubrigens wissen Sie es ja auch. Lassen Sie mich die T"ure schliessen.«

»Ja was ist denn? Was haben Sie? Meinetwegen kann das ganze Haus hereinkommen. Und dann noch einmal: Ich habe die T"ure schon geschlossen, glauben Sie denn, nur Sie k"onnen die T"ure schliessen? Ich habe sogar mit dem Schl"ussel zugesperrt.«

»Dann ist gut. Mehr will ich ja nicht. Mit dem Schl"ussel h"atten Sie gar nicht zusperren m"ussen. Und jetzt machen Sie es sich nur behaglich, wenn Sie schon einmal da sind. Sie sind mein Gast. Vertrauen Sie mir v"ollig. Machen Sie sich nur breit ohne Angst. Ich werde Sie weder zum Hierbleiben zwingen, noch zum Weggehn. Muss ich das erst sagen? Kennen Sie mich so schlecht?«

»Nein. Sie h"atten das wirklich nicht sagen m"ussen. Noch mehr, Sie h"atten es gar nicht sagen sollen. Ich bin ein Kind; warum soviel Umst"ande mit mir machen?«

»So schlimm ist es nicht. Nat"urlich, ein Kind. Aber gar so klein sind Sie nicht. Sie sind schon ganz erwachsen. Wenn Sie ein M"adchen w"aren, d"urften Sie sich nicht so einfach mit mir in einem Zimmer einsperren.«

»Dar"uber m"ussen wir uns keine Sorge machen. Ich wollte nur sagen: Dass ich Sie so gut kenne, sch"utzt mich wenig, es enthebt Sie nur der Anstrengung, mir etwas vorzul"ugen. Trotzdem aber machen Sie mir Komplimente. Lassen Sie das, ich fordere Sie auf, lassen Sie das. Dazu kommt, dass ich Sie nicht "uberall und immerfort kenne, gar bei dieser Finsternis. Es w"are viel besser, wenn Sie Licht machen liessen. Nein, lieber nicht. Immerhin werde ich mir merken, dass Sie mir schon gedroht haben.«

»Wie? Ich h"atte Ihnen gedroht? Aber ich bitte Sie. Ich bin ja so froh, dass Sie endlich hier sind. Ich sage ›endlich‹, weil es schon so sp"at ist. Es ist mir unbegreiflich, warum Sie so sp"at gekommen sind. Da ist es m"oglich, dass ich in der Freude so durcheinander gesprochen habe und dass Sie es gerade so verstanden haben. Dass ich so gesprochen habe, gebe ich zehnmal zu, ja ich habe Ihnen mit Allem gedroht, was Sie wollen. – Nur keinen Streit, um Himmelswillen! – Aber wie konnten Sie es glauben? Wie konnten Sie mich so kr"anken? Warum wollen Sie mir mit aller Gewalt dieses kleine Weilchen Ihres Hierseins verderben? Ein fremder Mensch w"are entgegenkommender als Sie.«

»Das glaube ich; das war keine Weisheit. So nah, als Ihnen ein fremder Mensch entgegenkommen kann, bin ich Ihnen schon von Natur aus. Das wissen Sie auch, wozu also die Wehmut? Sagen Sie, dass Sie Kom"odie spielen wollen, und ich gehe augenblicklich.«

»So? Auch das wagen Sie mir zu sagen? Sie sind ein wenig zu k"uhn. Am Ende sind Sie doch in meinem Zimmer. Sie reiben Ihre Finger wie verr"uckt an meiner Wand. Mein Zimmer, meine Wand! Und ausserdem ist das, was Sie sagen, l"acherlich, nicht nur frech. Sie sagen, Ihre Natur zwinge Sie, mit mir in dieser Weise zu reden. Wirklich? Ihre Natur zwingt Sie? Das ist nett von Ihrer Natur. Ihre Natur ist meine, und wenn ich mich von Natur aus freundlich zu Ihnen verhalte, so d"urfen auch Sie nicht anders.«

»Ist das freundlich?«

»Ich rede von fr"uher.«

»Wissen Sie, wie ich sp"ater sein werde?«

»Nichts weiss ich.«

Und ich ging zum Nachttisch hin, auf dem ich die Kerze anz"undete. Ich hatte in jener Zeit weder Gas noch elektrisches Licht in meinem Zimmer. Ich sass dann noch eine Weile beim Tisch, bis ich auch dessen m"ude wurde, den "Uberzieher anzog, den Hut vom Kanapee nahm und die Kerze ausblies. Beim Hinausgehen verfing ich mich in ein Sesselbein.

Auf der Treppe traf ich einen Mieter aus dem gleichen Stockwerk.

»Sie gehen schon wieder weg, Sie Lump?« fragte er, auf seinen "uber zwei Stufen ausgebreiteten Beinen ausruhend.

»Was soll ich machen?« sagte ich,

»jetzt habe ich ein Gespenst im Zimmer gehabt.«

»Sie sagen das mit der gleichen Unzufriedenheit, wie wenn Sie ein Haar in der Suppe gefunden h"atten.«

»Sie spassen. Aber merken Sie sich, ein Gespenst ist ein Gespenst.«

»Sehr wahr. Aber wie, wenn man "uberhaupt nicht an Gespenster glaubt?«

»Ja meinen Sie denn, ich glaube an Gespenster? Was hilft mir aber dieses Nichtglauben?«

»Sehr einfach. Sie m"ussen eben keine Angst mehr haben, wenn ein Gespenst wirklich zu Ihnen kommt.«

»Ja, aber das ist doch die nebens"achliche Angst. Die eigentliche Angst ist die Angst vor der Ursache der Erscheinung. Und diese Angst bleibt. Die habe ich geradezu grossartig in mir.« Ich fing vor Nervosit"at an, alle meine Taschen zu durchsuchen.

»Da Sie aber vor der Erscheinung selbst keine Angst hatten, h"atten Sie sie doch ruhig nach ihrer Ursache fragen k"onnen!«

»Sie haben offenbar noch nie mit Gespenstern gesprochen. Aus denen kann man ja niemals eine klare Auskunft bekommen. Das ist ein Hinundher. Diese Gespenster scheinen "uber ihre Existenz mehr im Zweifel zu sein, als wir, was "ubrigens bei ihrer Hinf"alligkeit kein Wunder ist.«

»Ich habe aber geh"ort, dass man sie auff"uttern kann.«

»Da sind Sie gut berichtet. Das kann man. Aber wer wird das machen?«

»Warum nicht? Wenn es ein weibliches Gespenst ist z. B.« sagte er und schwang sich auf die obere Stufe.

»Ach so«, sagte ich, »aber selbst dann steht es nicht daf"ur.«

Ich besann mich. Mein Bekannter war schon so hoch, dass er sich, um mich zu sehen, unter einer W"olbung des Treppenhauses vorbeugen musste. »Aber trotzdem«, rief ich, »wenn Sie mir dort oben mein Gespenst wegnehmen, dann ist es zwischen uns aus, f"ur immer.«

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