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Русская германистика. Ежегодник Российского союза германистов. Т. 15. Революция и эволюция в немецкоязычных литературах
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Kant 2001 – Kant I. Kritik der Urteilskraft. Hamburg, 2001.

Marcuse 1970 – Marcuse H. Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft. Berlin, 1970.

Schlegel 2000 – Schlegel Fr. Theorie der Romantik. Frankfurt a. M., 2000.

Schmidt 2004 – Schmidt J. Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik 1750–1945. 2 B"ande. Heidelberg, 2004.

Szondi 1996 – Szondi P. Das Naive ist das Sentimentalische. Zur Begriffsdialektik in Schillers Abhandlung // Szondi P. Schriften II. Frankfurt a. M., 1996. S. 59–105.

ZUSAMMENFASSUNG

Revolution des Geistes: Genie als Sch"opfer der modernen Kultur

Nach Hannah Arendt ist die Revolution ein wesentliches Symptom der neuzeitlichen Geschichte und der modernen Subjektivit"at. Der Mensch der Moderne ist Revolution"ar, der die Welt „nach seinem Bilde“ umbilden will. Im Unterschied zu der politischen Revolution in Frankreich vollzog sich die Revolution in Deutschland haupts"achlich in der Sph"are des Geistes – in der Philosophie, Literatur und Musik. Zum Subjekt der geistigen Revolution und zum Sch"opfer der modernen Kultur wurde das Genie. Im Artikel werden die wesentlichen Z"uge der Genieidee am Beispiel von H"olderlins „Rhein“-Hymne erl"autert.

D"AMON UND D"AMONISCHES

Zu ontologischen Vorstellungen im sp"aten goetheschen Weltbild

I. V. KUMICHEV

(Kaliningrad)

0. Vorbemerkungen

Die beiden 6 Konzepte des sp"aten goetheschen Weltbildes – das D"amonische und der D"amon (Daimon) – entsprechen auf den ersten Blick oppositionellen Denkfiguren: die erste – der Revolution, die zweite – der Evolution. Wenn der D"amon, „gepr"agte Form, die lebend sich entwickelt“ („Urworte. Orphisch“ [Goethe 1988, I: 359]), als individuelles Entwicklungsgesetz verstanden werden k"onne, zeige sich das D"amonische nicht als Gesetz, als die sich entwickelnde Form, sondern als Widerspruch und scheine „mit den notwendigen Elementen unseres Daseins willk"urlich zu schalten“ („Dichtung und Wahrheit“ [Goethe 1988, X: 175]).

6

Im Goethe-Handbuch findet sich nur der Begriff „D"amonisches“, der verschiedene Aspekte in sich einschliesst [Dahnke, Otto 1998: 179–181]. Werner Danckert argumentiert, man d"urfe den Individual-Daimon mit dem D"amonischen nicht gleichsetzen: „Unter ‚Daimon’ versteht Goethe ja das individuelle Gesetz der Monade. Das D"amonische hingegen wirkt durchaus elementarischkosmisch, als h"ochstes Gegenwesen dem G"ottlichen gleich- (oder entgegen-) gestellt, als ein Reich "ubermenschlicher Elementar-M"achte, von denen das Individuum, die menschliche Monade, "ubergriffen wird“ [1951: 464]. Als unterschiedliche Kategorien begreift auch Gero von Wilpert den D"amon und das D"amonische [Wilpert 1998: 1057]. Aus der j"ungeren Forschung soll hier das Buch von Jana J"ager [2013] genannt werden, in dem der D"amon als das individuelle Gesetz vom D"amonischen als Fatum und grenzenloser Zuf"alligkeit abgegrenzt wird. Hans Joachim Schrimpf unterscheidet sogar zwischen dem D"amon, dem D"amonischen und den D"amonen [1956: 303].

Goethe spricht vom d"amonischen Charakter der Franz"osischen Revolution und des Erdbebens von Lissabon. Er sagt Eckermann, das D"amonische manifestiere sich sowohl in den Begebenheiten, „die wir durch Vernunft und Verstand nicht aufzul"osen verm"ogen“, als auch „in der ganzen Natur, in der unsichtbaren, wie in der sichtbaren“ (2. M"arz 1831 [Eckermann 1987: 439]). Die Verwandtschaft der Revolution mit einem Naturprozess unterstreicht Goethe in „Maximen und Reflexionen“: „Jede Revolution geht auf Naturzustand hinaus, Gesetz- und Schamlosigkeit“ [Goethe 1988, XII: 380]. Wie kann aber die Natur mit der Gesetzlosigkeit der Revolution in Verbindung stehen? „Naturzustand“ bedeutet f"ur Goethe hier das Hinausgehen des Menschen "uber die Grenzen des Verstandes und der Vernunft bzw. "uber die Grenzen der Ordnung, worin Goethe eine grosse Gefahr sah. Wo die Vernunft aufh"ort, die Situation zu kontrollieren, gewinnt das D"amonische sein Recht. In „Maximen und Reflexionen“ "aussert sich Goethe [1988, XII: 379] so: „Es ist besser, es geschehe dir Unrecht, als die Welt sei ohne Gesetz. Deshalb f"uge sich jeder dem Gesetze“.

In der „Belagerung von Maynz“ (25. Juli) schrieb Goethe ebenfalls in diesem Sinn: „Ich will lieber eine Ungerechtigkeit begehen als Unordnung ertragen“ [1988, X: 391]. Hans-J"urgen Schings [2009: 62] bemerkt mit Recht, dass man, bevor man diese Aussage – sich "uber den Kontext hinwegsetzend – als Teil des typischen Diskurses des „F"urstendieners“ kennzeichne, zuerst pr"aziser bestimmen m"usse, was der Dichterf"urst unter „Ungerechtigkeit“ und „Unordnung“ verstanden hat. Die Aussage Goethes bildet das Schlusswort der Erz"ahlung von der Rettung eines in dem von deutschen Truppen wiedereroberten Mainz eingeschlossenen Revolution"ars, den die Menge zum Opfer ihrer Rache gew"ahlt hat. Die nicht gelungene Selbstjustiz vor dem Quartier des Herzogs beschreibt Goethe als „Unordnung“, die er nicht ertragen kann – deswegen rettet Goethe den ehemaligen Feind. Doch der Volkszorn scheint ihm gerechtfertigt, Goethe nennt die Wut der Menge „h"ochst verzeihlich[]“ [Goethe 1988, X: 391]. Auch „das schrecklichste aller Ereignisse“, die Franz"osische Revolution selbst, konnte Goethe als gerechtfertigt anerkennen; 7 sie hatte ihren Grund in der Zerst"orung der D"amme, die die Flut des Volkszornes zur"uckhielten. Doch die Gesetzlosigkeit und die Unordnung, die sie zur Folge hatte, waren viel schrecklicher als die Ungerechtigkeit, gegen die das Volk aufgestanden war. Die Folgen der Unordnung – Tyrannei und Zerst"orung – schienen Goethe das Schrecklichste. In einem der „Venetianischen Epigramme“ schreibt er:

7

Im Gespr"ach mit Eckermann vom 4. Januar 1824 spricht Goethe auch von den „wohlt"atigen Folgen“ der Revolution, die erst sp"ater zu ersehen waren [Eckermann 1987: 510].

Frankreichs traurig Geschick, die Grossen m"ogen‘s bedenken;Aber bedenken f"urwahr sollen es Kleine noch mehr.Grosse gingen zugrunde doch wer besch"utzte die MengeGegen die Menge? Da war Menge der Menge Tyrann[Goethe 1988, I: 180].

Die Unordnung, von der Goethe schreibt, die Entmachtung der Vernunft, zeigt sich auch in Begebenheiten anderer Art, die allerdings meist als Parallelen zu den revolution"aren Vorg"angen verstanden werden k"onnen. Es sind Begebenheiten, die im aufgekl"arten Menschen leidenschaftliches Interesse an allem Mysteri"osen und Geheimnisvollen wecken. Symptomatisch scheint hier die Figur Cagliostros, die Goethe im „Gross-Cophta“ mit der Erweckung des D"amons der Revolution verkn"upft. Auch die geheimnisvollen Geschichten aus den „Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten“ heben den irrationalen und unvorhersehbaren Charakter der Revolution hervor [vgl. Conrady 1988: 109].

Das D"amonische erscheint den Menschen als Einbruch der unkontrollierbaren Zuf"alligkeit und zerst"orerischer Kr"afte, es ist aber paradoxerweise auch mit einem anderen Konzept des sp"aten Goethe eng verkn"upft, n"amlich mit dem des D"amons. „D"amon“ bedeutet f"ur Goethe die pr"aformierte und unergr"undliche Ganzheit der menschlichen Individualit"at. Er stellt zugleich das Gesetz (also die Ordnung) dar, nach dem die Entwicklung des Individuums abl"auft. Der D"amon wie auch das D"amonische wirken unabh"angig vom menschlichen Willen und oft sogar gegen ihn. Der D"amon erscheint jedoch nicht als Zuf"alligkeit, sondern als Prinzip der Gestaltung (Bildung). Er verk"orpert das Metamorphosenprinzip im Menschen, das Goethe als die M"oglichkeit der Vers"ohnung von Pr"a- und Postformationsvorstellungen angesehen hat [Canisius 1998: 114]. Gerade die Metamorphosentheorie nimmt, wenn nicht genetisch, so doch typologisch die darwinsche Evolutionstheorie vorweg. Es gilt, das Verh"altnis der Konzepte von D"amon und D"amonischem zu pr"azisieren, um den Widerspruch aufzul"osen; denn wie kann man von der Verkn"upfung zweier Konzepte sprechen, die gegens"atzlichen Prinzipien zuzuordnen sind?

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das Verh"altnis zwischen den widerspr"uchlichen Konzepten von D"amon und D"amonischem [vgl. Schulz 1993: 179] n"aher zu erl"autern und die Frage zu beantworten, in welchem Sinn die Franz"osische Revolution f"ur Goethe etwas „D"amonisches“ war.

Im ersten Teil werde ich kurz auf das Problem der d"amonischen Natur (d.h. der Pers"onlichkeit) eingehen. Im zweiten Teil wird die Gemeinsamkeit beider Konzepte in ihrem Anteil an der Entelechie n"aher erl"autert. Abschliessend wende ich mich nach einigen Bemerkungen zum Problem der Willensfreiheit in Goethes Weltbild der Frage zu, welchen Schluss die Vorstellungen von D"amon und D"amonischem zulassen und damit der Frage, inwiefern die Franz"osische Revolution f"ur Goethe d"amonisch und unabwendbar war.

1. Das Problem der d"amonischen Pers"onlichkeit

Man ist sich allgemein dar"uber einig, dass der Hauptunterschied zwischen dem D"amonischen und dem D"amon darin liegt, dass hinter dem ersten Konzept eine "uber- oder unpers"onliche Macht steht, die von aussen kommt und dem Individuum grunds"atzlich fremd ist [Danckert 1951: 464; Kemper 2004: 448; J"ager 2013: 111]. Der D"amon dagegen ist allen Individuen als das individuelle Gesetz der Entwicklung eigen. Eine pr"azisere Beschreibung beider Konzepte sollte meines Erachtens von ihren Gemeinsamkeiten ausgehen. Einer der Punkte, in dem sich D"amon und D"amonisches "uberschneiden, ist Goethes Konzeption der d"amonischen Pers"onlichkeit.

Das D"amonische manifestiert sich f"ur Goethe in der Natur, in historischen Begebenheiten, aber auch in der Kunst und im einzelnen Menschen, genauer gesagt in bedeutenden und ausserordentlichen Pers"onlichkeiten, deren Taten „durch Verstand und Vernunft nicht aufzul"osen sind“ (siehe z. B. die Gespr"ache mit Eckermann vom 11. M"arz 1828 und vom 30. M"arz 1831 [Eckermann 1987: 461, 623–627]). Am besten lassen sich Goethes Gedanken "uber das D"amonische anhand von „Dichtung und Wahrheit“, seinen Gespr"achen mit Eckermann und „Egmont“ nachvollziehen. Vom D"amon spricht Goethe in erster Linie im Gedicht „Urworte. Orphisch“. Das Gedicht wurde im Herbst 1820 in der Zeitschrift „Zur Metamorphose“ ver"offentlicht und soll im Folgenden im Kontext von Goethes Morphologie betrachtet werden.

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