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1904-1924 Маленькие рассказы (Сборник)
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29. DAS EHEPAAR

Die allgemeine Gesch"aftslage ist so schlecht, dass ich manchmal, wenn ich im B"uro Zeit er"ubrige, selbst die Mustertasche nehme, um die Kunden pers"onlich zu besuchen. Unter anderem hatte ich mir schon l"angst vorgenommen, einmal zu N. zu gehen, mit dem ich fr"uher in st"andiger Gesch"aftsverbindung gewesen bin, die sich aber im letzten Jahr aus mir unbekannten Gr"unden fast gel"ost hat. F"ur solche St"orungen m"ussen auch gar nicht eigentliche Gr"unde vorhanden sein; in den heutigen labilen Verh"altnissen entscheidet hier oft ein Nichts, eine Stimmung, und ebenso kann auch ein Nichts, ein Wort, das Ganze wieder in Ordnung bringen. Es ist aber ein wenig umst"andlich zu N. vorzudringen; er ist ein alter Mann, in letzter Zeit sehr kr"anklich, und wenn er auch noch die gesch"aftlichen Angelegenheiten in seiner Hand zusammenh"alt, so kommt er doch selbst kaum mehr ins Gesch"aft; will man mit ihm sprechen, muss man in seine Wohnung gehen, und einen derartigen Gesch"aftsgang schiebt man gern hinaus.

Gestern abend nach sechs Uhr machte ich mich aber doch auf den Weg; es war freilich keine Besuchszeit mehr, aber die Sache war ja nicht gesellschaftlich, sondern kaufm"annisch zu beurteilen. Ich hatte Gl"uck. N. war zu Hause; er war eben, wie man mir im Vorzimmer sagte, mit seiner Frau von einem Spaziergang zur"uckgekommen und jetzt im Zimmer seines Sohnes, der unwohl war und im Bett lag. Ich wurde aufgefordert auch hinzugehen; zuerst z"ogerte ich, dann aber "uberwog das Verlangen, den leidigen Besuch m"oglichst schnell zu beenden, und ich liess mich, so wie ich war, im Mantel, Hut und Mustertasche in der Hand, durch ein dunkles Zimmer in ein matt beleuchtetes f"uhren, in welchem eine kleine Gesellschaft beisammen war.

Wohl instinktm"assig fiel mein Blick zuerst auf einen mir nur allzu gut bekannten Gesch"aftsagenten, der zum Teil mein Konkurrent ist. So hatte er sich denn also noch vor mir heraufgeschlichen. Er war bequem knapp beim Bett des Kranken, so als w"are er der Arzt; in seinem sch"onen, offenen, aufgebauschten Mantel sass er grossm"achtig da; seine Frechheit ist un"ubertrefflich; etwas "Ahnliches mochte auch der Kranke denken, der mit ein wenig fieberger"oteten Wangen dalag und manchmal nach ihm hinsah. Er ist "ubrigens nicht mehr jung, der Sohn, ein Mann in meinem Alter mit einem kurzen, infolge der Krankheit etwas verwilderten Vollbart. Der alte N., ein grosser, breitschultriger Mann, aber durch sein schleichendes Leiden zu meinem Erstaunen recht abgemagert, geb"uckt und unsicher geworden, stand noch, so wie er eben gekommen war, in seinem Pelz da und murmelte etwas gegen den Sohn hin. Seine Frau, klein und gebrechlich, aber "ausserst lebhaft, wenn auch nur soweit es ihn betraf — uns andere sah sie kaum —, war damit besch"aftigt, ihm den Pelz auszuziehen, was infolge des Gr"ossenunterschiedes der beiden einige Schwierigkeiten machte, aber schliesslich doch gelang. Vielleicht lag "ubrigens die eigentliche Schwierigkeit darin, dass N. sehr ungeduldig war und unruhig mit tastenden H"anden immerfort nach dem Lehnstuhl verlangte, den ihm denn auch, nachdem der Pelz ausgezogen war, seine Frau schnell zuschob. Sie selbst nahm den Pelz, unter dem sie fast verschwand, und trug ihn hinaus.

Nun schien mir endlich meine Zeit gekommen oder vielmehr, sie war nicht gekommen und w"urde hier wohl auch niemals kommen; wenn ich "uberhaupt noch, etwas versuchen wollte, musste es gleich geschehen, denn meinem Gef"uhl nach konnten hier die Voraussetzungen f"ur eine gesch"aftliche Aussprache nur noch immer schlechter werden; mich hier aber f"ur alle Zeiten festzusetzen, wie es der Agent scheinbar beabsichtigte, das war nicht meine Art; "ubrigens wollte ich auf ihn nicht die geringste R"ucksicht nehmen. So begann ich denn kurzerhand, meine Sache vorzutragen, obwohl ich merkte, dass N. gerade Lust hatte, sich ein wenig mit seinem Sohn zu unterhalten. Leider habe ich die Gewohnheit, wenn ich mich ein wenig in Erregung gesprochen habe — und das geschieht sehr bald und geschah in diesem Krankenzimmer noch fr"uher als sonst — aufzustehen und w"ahrend des Redens auf- und abzugehen. Im eigenen B"uro eine recht gute Einrichtung, ist es in einer fremden Wohnung doch ein wenig l"astig. Ich konnte mich aber nicht beherrschen, besonders da mir die gewohnte Zigarette fehlte. Nun, jeder hat seine schlechten Gewohnheiten, dabei lobe ich noch die meinen im Vergleich zu denen des Agenten. Was soll man zum Beispiel dazu sagen, dass er seinen Hut, den er auf dem Knie h"alt und dort langsam hin- und herschiebt, manchmal pl"otzlich, ganz unerwartet aufsetzt; er nimmt ihn zwar gleich wieder ab, als sei ein Versehen geschehen, hat ihn aber doch einen Augenblick lang auf dem Kopf gehabt, und das wiederholt er immer wieder von Zeit zu Zeit. Eine solche Auff"uhrung ist doch wahrhaftig unerlaubt zu nennen. Mich st"ort es nicht, ich gehe auf und ab, bin ganz von meinen Dingen in Anspruch genommen und sehe "uber ihn hinweg, es mag aber Leute geben, welche dieses Hutkunstst"uck g"anzlich aus der Fassung bringen kann. Allerdings beachte ich im Eifer nicht nur eine solche St"orung nicht, sondern "uberhaupt niemanden, ich sehe zwar, was vorgeht, nehme es aber, solange ich nicht fertig bin oder solange ich nicht geradezu Einw"ande h"ore, gewissermassen nicht zur Kenntnis. So merkte ich zum Beispiel wohl, dass N. sehr wenig aufnahms-f"ahig war; die H"ande an den Seitenlehnen, drehte er sich unbehaglich hin und her, blickte nicht zu mir auf, sondern sinnlos suchend ins Leere und sein Gesicht schien so unbeteiligt, als dringe kein Laut meiner Rede, ja nicht einmal ein Gef"uhl meiner Anwesenheit zu ihm. Dieses ganze, mir wenig Hoffnung gebende krankhafte Benehmen sah ich zwar, sprach aber trotzdem weiter, so als h"atte ich doch noch Aussicht, durch meine Worte, durch meine vorteilhaften Angebote — ich erschrak selbst "uber die Zugest"andnisse, die ich machte, Zugest"andnisse, die niemand verlangte — alles schliesslich wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Eine gewisse Genugtuung gab es mir auch, dass der Agent, wie ich fl"uchtig bemerkte, endlich seinen Hut ruhen liess und die Arme "uber der Brust verschr"ankte; meine Ausf"uhrungen, die ja zum Teil f"ur ihn berechnet waren, schienen seinen Pl"anen einen empfindlichen Stich zu geben. Und ich h"atte in dem dadurch erzeugten Wohlgef"uhl vielleicht noch lange fortgesprochen, wenn nicht der Sohn, den ich als f"ur mich nebens"achliche Person bisher vernachl"assigt hatte, pl"otzlich sich im Bette halb erhoben und mit drohender Faust mich zum Schweigen gebracht h"atte. Er wollte offenbar noch etwas sagen, etwas zeigen, hatte aber nicht Kraft genug. Ich hielt das alles zuerst f"ur Fieberwahn, aber als ich unwillk"urlich gleich darauf nach dem alten N. hinblickte, verstand ich es besser.

N. sass mit offenen, glasigen, aufgequollenen, nur f"ur die Minute noch dienstbaren Augen da, zitternd nach vorne geneigt, als hielte oder schl"uge ihn jemand im Nacken, die Unterlippe, ja der Unterkiefer selbst mit weit entbl"osstem Zahnfleisch hing unbeherrscht hinab, das ganze Gesicht war aus den Fugen; noch atmete er, wenn auch schwer, dann aber wie befreit fiel er zur"uck gegen die Lehne, schloss die Augen, der Ausdruck irgendeiner grossen Anstrengung fuhr noch "uber sein Gesicht und dann war es zu Ende. Schnell sprang ich zu ihm, fasste die leblos h"angende, kalte, mich durchschauernde Hand; da war kein Puls mehr. Nun also, es war vor"uber. Freilich, ein alter Mann. M"ochte uns das Sterben nicht schwerer werden. Aber wie Vieles war jetzt zu tun! Und was in der Eile zun"achst? Ich sah mich nach Hilfe um; aber der Sohn hatte die Decke "uber den Kopf gezogen, man h"orte sein endloses Schluchzen; der Agent, kalt wie ein Frosch, sass fest in seinem Sessel, zwei Schritte gegen"uber N. und war sichtlich entschlossen, nichts zu tun, als den Zeitlauf abzuwarten; ich also, nur ich blieb "ubrig, um etwas zu tun und jetzt gleich das Schwerste, n"amlich der Frau irgendwie auf eine ertr"agliche Art, also eine Art, die es in der Welt nicht gab, die Nachricht zu vermitteln. Und schon h"orte ich die eifrigen, schl"urfenden Schritte aus dem Nebenzimmer.

Sie brachte — noch immer im Strassenanzug, sie hatte noch keine Zeit gehabt, sich umzuziehen — ein auf dem Ofen durchw"armtes Nachthemd, das sie ihrem Mann jetzt anziehen wollte.

»Er ist eingeschlafen«, sagte sie l"achelnd und kopfsch"uttelnd, als sie uns so still fand. Und mit dem unendlichen Vertrauen des Unschuldigen nahm sie die gleiche Hand, die ich eben mit Widerwillen und Scheu in der meinen gehalten hatte, k"usste sie wie in kleinem ehelichen Spiel und — wie m"ogen wir drei anderen zugesehen haben! — N. bewegte sich, g"ahnte laut, liess sich das Hemd anziehen, duldete mit "argerlich-ironischem Gesicht die z"artlichen Vorw"urfe seiner Frau wegen der "Uberanstrengung auf dem allzu grossen Spaziergang und sagte dagegen, uns sein Einschlafen anders zu erkl"aren, merkw"urdigerweise etwas von Langweile. Dann legte er sich, um sich auf dem Weg in ein anderes Zimmer nicht zu verk"uhlen, vorl"aufig zu seinem Sohn ins Bett; neben die F"usse des Sohnes wurde auf zwei von der Frau eilig herbeigebrachten Polstern sein Kopf gebettet. Ich fand nach dem Vorangegangenen nichts Sonderbares mehr daran. Nun verlangte er die Abendzeitung, nahm sie ohne R"ucksicht auf die G"aste vor, las aber noch nicht, sah nur hie und da ins Blatt und sagte uns dabei mit einem erstaunlichen gesch"aftlichen Scharfblick einiges recht Unangenehme "uber unsere Angebote, w"ahrend er mit der freien Hand immerfort wegwerfende Bewegungen machte und durch Zungenschnalzen den schlechten Geschmack im Munde andeutete, den ihm unser gesch"aftliches Gebaren verursachte. Der Agent konnte sich nicht enthalten, einige unpassende Bemerkungen vorzubringen, er f"uhlte wohl sogar in seinem groben Sinn, dass hier nach dem, was geschehen war, irgendein Ausgleich geschaffen werden musste, aber auf seine Art ging es freilich am allerwenigsten. Ich verabschiedete mich nun schnell, ich war dem Agenten fast dankbar; ohne seine Anwesenheit h"atte ich nicht die Entschlusskraft gehabt, schon fortzugehen.

Im Vorzimmer traf ich noch Frau N. Im Anblick ihrer armseligen Gestalt sagte ich aus meinen Gedanken heraus, dass sie mich ein wenig an meine Mutter erinnere. Und da sie still blieb, f"ugte ich bei: »Was man dazu auch sagen mag: die konnte Wunder tun. Was wir schon zerst"ort hatten, machte sie noch gut. Ich habe sie schon in der Kinderzeit verloren.« Ich hatte absichtlich "ubertrieben langsam und deutlich gesprochen, denn ich vermutete, dass die alte Frau schwerh"orig war. Aber sie war wohl taub, denn sie fragte ohne "Ubergang: »Und das Aussehen meines Mannes?« Aus ein paar Abschiedsworten merkte ich "ubrigens, dass sie mich mit dem Agenten verwechselte; ich wollte gern glauben, dass sie sonst zutraulicher gewesen w"are. Dann ging ich die Treppe hinunter. Der Abstieg war schwerer als fr"uher der Aufstieg und nicht einmal dieser war leicht gewesen. Ach, was f"ur misslungene Gesch"aftswege es gibt und man muss die Last weiter tragen.

30. GIBS AUF!

Es war sehr fr"uh am Morgen, die Strassen rein und leer, ich ging zum Bahnhof. Als ich eine Turmuhr mit meiner Uhr verglich, sah ich, dass es schon viel sp"ater war, als ich geglaubt hatte, ich musste mich sehr beeilen, der Schrecken "uber diese Entdeckung liess mich im Weg unsicher werden, ich kannte mich in dieser Stadt noch nicht sehr gut aus, gl"ucklicherweise war ein Schutzmann in der N"ahe, ich lief zu ihm und fragte ihn atemlos nach dem Weg. Er l"achelte und sagte: »Von mir willst du den Weg erfahren?« »Ja«, sagte ich, »da ich ihn selbst nicht finden kann.« »Gibs auf, gibs auf«, sagte er und wandte sich mit einem grossen Schwunge ab, so wie Leute, die mit ihrem Lachen allein sein wollen.

31. VON DEN GLEICHNISSEN

Viele beklagen sich, dass die Worte der Weisen immer wieder nur Gleichnisse seien, aber unverwendbar im t"aglichen Leben, und nur dieses allein haben wir. Wenn der Weise sagt: »Gehe hin"uber«, so meint er nicht, dass man auf die andere Seite hin"ubergehen solle, was man immerhin noch leisten k"onnte, wenn das Ergebnis des Weges wert w"are, sondern er meint irgendein sagenhaftes Dr"uben, etwas, das wir nicht kennen, das auch von ihm nicht n"aher zu bezeichnen ist und das uns also hier gar nichts helfen kann. Alle diese Gleichnisse wollen eigentlich nur sagen, dass das Unfassbare unfassbar ist, und das haben wir gewusst. Aber das, womit wir uns jeden Tag abm"uhen, sind andere Dinge.

Darauf sagte einer: »Warum wehrt ihr euch? W"urdet ihr den Gleichnissen folgen, dann w"aret ihr selbst Gleichnisse geworden und damit schon der t"aglichen M"uhe frei.«

Ein anderer sagte: »Ich wette, dass auch das ein Gleichnis ist.«

Der erste sagte: »Du hast gewonnen.«

Der zweite sagte: »Aber leider nur im Gleichnis.«

Der erste sagte: »Nein, in Wirklichkeit; im Gleichnis hast du verloren.«

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