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Wir labten uns an den Speisen und Getr"anken, die wir in reichem Ma vorfanden, und stiegen endlich wieder aufs Verdeck. Aber hier schauderte uns immer die Haut bei dem schrecklichen Anblick der Leichen. Wir beschlossen, uns davon zu befreien, und sie "uber Bord zu werfen, aber wie schauerlich war uns zumutе, als wir fanden, da sich keiner aus seiner Lage bewegen lie. Wie festgebannt lagen sie am Boden, und man h"atte den Boden des Verdecks ausheben m"ussen, um sie zu entfernen, und dazu gebrach es uns an Werkzeugen. Auch der Kapitano lie sich nicht von seinem Mast losmachen. Nicht einmal seinen S"abel konnten wir der starren Hand entwinden.

Wir brachten den Tag in trauriger Betrachtung unserer Lage zu, und als es Nacht zu werden anfing, erlaubte ich dem alten Ibrahim, sich schlafen zu legen. Ich selbst aber wollte auf dem Verdeck wachen, um nach Rettung auszusp"ahen. Als aber der Mond heraufkam, und ich nach den Gestirnen berechnete, da es wohl um die elfte Stunde sei, "uberfiel mich ein so unwiderstehlicher Schlaf, da ich unwillk"urlich hinter ein Fa, das auf dem Verdeck stand, zur"uckfiel. Doch war es mehr Bet"aubung als Schlaf, denn ich h"orte deutlich die See an der Seite des Schiffes anschlagen, und die Segel vom Winde knarren und pfeifen. Auf einmal glaubte ich Stimmen und M"annertritte auf dem Verdeck zu h"oren . Ich wollte mich aufrichten, um danach zu schauen. Aber eine unsichtbare Gewalt hielt meine Glieder gefesselt, nicht einmal die Augen konnte ich aufschlagen. Aber immer deutlicher wurden die Stimmen, es war mir, als wenn ein fr"ohliches Schiffsvolk auf dem Verdeck sich umhertriebe. Mitunter glaubte ich, die kr"aftige Stimme eines Befehlenden zu h"oren, auch h"orte ich Taue und Segel deutlich auf- und abziehen. Nach und nach aber schwanden mir die Sinne, ich verfiel in einen tiefen Schlaf, in dem ich nur noch ein Ger"ausch von Waffen zu h"oren glaubte, und erwachte erst, als die Sonne schon hoch stand und mir aufs Gesicht brannte.

Verwundert schaute ich mich um. Sturm, Schiff, die Toten und was ich in dieser Nacht geh"ort hatte, kam mir wie ein Traum vor, aber als ich aufblickte, fand ich alles wie gestern. Unbeweglich lagen die Toten, unbeweglich war der Kapitano an den Mastbaum geheftet. Ich lachte "uber meinen Traum und stand auf, um meinen Alten zu suchen.

Dieser sa ganz nachdenklich in der Kaj"ute.

«Oh Herr!», rief er aus, als ich zu ihm hineintrat,

«ich wollte lieber im tiefsten Grund des Meeres liegen, als in diesem verhexten Schiff noch eine Nacht zubringen».

Ich fragte ihn nach der Ursache seines Kummers, und er antwortete mir:

«Als ich einige Stunden geschlafen hatte, wachte ich auf und vernahm, wie man "uber meinem Haupt hin und her lief. Ich dachte zuerst, Ihr w"aret es, aber es waren wenigstens zwanzig, die oben umherliefen, auch h"orte ich rufen und schreien. Endlich kamen schwere Tritte die Treppe herab. Da wute ich nichts mehr von mir, nur hier und da kehrte auf einige Augenblicke meine Besinnung zur"uck, und da sah ich dann denselben Mann, der oben am Mast angenagelt ist, an jenem Tisch dort sitzen, singend und trinkend, aber der, der in einem roten Scharlachkleid nicht weit von ihm am Boden liegt, sa neben ihm und half ihm trinken».

So erzh"alte mir mein alter Diener.

Ihr k"onnt mir es glauben, meine Freunde, da mir gar nicht wohl zumute war, denn es war keine T"auschung, ich hatte ja auch die Toten gar wohl geh"ort. In solcher Gesellschaft zu schiffen, war mir greulich. Mein Ibrahim aber versank wieder in tiefes Nachdenken.

«Jetzt hab’ ich’s!», rief er endlich aus.

Еs fiel ihm n"amlich ein Spr"uchlein ein, das ihn sein Grovater, ein erfahrener, weitgereister Mann, gelehrt hatte und das gegen jeden Geister- und Zauberspuk helfen sollte. Аuch behauptete er, jenen unnat"urlichen Schlaf, der uns befiel, in der n"achsten Nacht verhindern zu k"onnen, wenn wir n"amlich recht eifrig Spr"uche aus dem Koran beteten.

Der Vorschlag des alten Mannes gefiel mir wohl. In banger Erwartung sahen wir die Nacht herankommen. Neben der Kaj"ute war ein kleines K"ammerchen, dorthin beschlossen wir uns zur"uckzuziehen. Wir bohrten mehrere L"ocher in die T"ure, hinl"anglich gro, um durch sie die ganze Kaj"ute zu "uberschauen, dann verschlossen wir die T"ure, so gut es ging, von innen, und Ibrahim schrieb den Namen des Propheten in alle vier Ecken. So erwarteten wir die Schrecken der Nacht. Es mochte wieder ungef"ahr elf Uhr sein, als es mich gewaltig zu schl"afern anfing. Mein Gef"ahrte riet mir daher, einige Spr"uche des Korans zu beten, was mir auch half. Mit einem Male schien es oben lebhaft zu werden. Die Taue knarrten, Schritte gingen "uber das Verdeck, und mehrere Stimmen waren deutlich zu unterscheiden. Mehrere Minuten hatten wir so in gespannter Erwartung gesessen, da h"orten wir jemand die Treppe der Kaj"ute herabkommen. Als dies der Alte h"orte, fing er an, den Spruch, den ihn sein Grovater gegen Spuk und Zauberei gelehrt hatte, herzusagen:

«Kommt ihr herab aus der Luft,Steigt ihr aus tiefem Meer,Schlieft ihr in dunkler Gruft,Stammt ihr vom Feuer her:Allah ist euer Herr und Meister,ihm sind gehorsam alle Geister».

Ich mu gestehen, ich glaubte gar nicht recht an diesen Spruch, und mir stieg das Haar zu Berg, als die T"ur aufflog. Herein trat jener groe, stattliche Mann, den ich am Mastbaum angenagelt gesehen hatte. Der Nagel ging ihm auch jetzt mitten durchs Hirn, das Schwert aber hatte er in die Scheide gesteckt. Hinter ihm trat noch ein anderer herein, weniger kostbar gekleidet, auch ihn hatte ich oben liegen sehen. Der Kapitano, denn dies war er unverkennbar, hatte ein bleiches Gesicht, einen groen, schwarzen Bart, wildrollende Augen, mit denen er sich im ganzen Gemach umsah. Ich konnte ihn ganz deutlich sehen, als er an unserer T"ure vor"uberging. Er aber schien gar nicht auf die T"ure zu achten, die uns verbarg.

Beide setzten sich an den Tisch, der in der Mitte der Kaj"ute stand, und sprachen laut und fast schreiend miteinander in einer unbekannten Sprache. Sie wurden immer lauter und eifriger, bis endlich der Kapitano mit geballter Faust auf den Tisch hineinschlug, da das Zimmer dr"ohnte. Mit wildem Gel"achter sprang der andere auf und winkte dem Kapitano, ihm zu folgen. Dieser stand auf, ri seinen S"abel aus der Scheide, und beide verlieen das Gemach.

Wir atmeten freier, als sie weg waren, aber unsere Angst hatte noch lange kein Ende. Immer lauter und lauter wurdе es auf dem Verdeck. Man h"orte eilends hin und her laufen und schreien, lachen und heulen. Endlich ging ein wahrhaft h"ollischer L"arm los, so da wir glaubten, das Verdeck mit allen Segeln komme zu uns herab, Waffengeklirr und Geschrei – auf einmal aber tiefe Stille. Als wir es nach vielen Stunden wagten hinaufzugehen, trafen wir alles wie sonst, nicht einer lag anders als fr"uher. Alle waren steif wie Holz.

So waren wir mehrere Tage auf dem Schiffe. Еs ging immer nach Osten, wohin zu, nach meiner Berechnung, Land liegen mute. Аber wenn es auch bei Tag viele Meilen zur"uckgelegt hatte, bei Nacht schien es immer wieder zur"uckzukehren, denn wir befanden uns immer wieder am n"amlichen Fleck, wenn die Sonne aufging. Wir konnten uns dies nicht anders erkl"aren, als da die Toten jede Nacht mit vollem Winde zur"ucksegelten. Um nun dies zu verh"uten, zogen wir, ehe es Nacht wurde, alle Segel ein und wandten dasselbe Mittel an, wie bei der T"ure in der Kaj"ute. Wir schrieben den Namen des Propheten auf Pergament und auch das Spr"uchlein des Grovaters dazu, und banden es um die eingezogenen Segel. "Angstlich warteten wir in unserem K"ammerchen den Erfolg ab. Der Spuk schien diesmal noch "arger zu toben, aber siehe, am anderen Morgen waren die Segel noch aufgerollt, wie wir sie verlassen hatten. Wir spannten den Tag "uber nur so viele Segel auf, als n"otig waren, das Schiff sanft fortzutreiben, und so legten wir in f"unf Tagen eine gute Strecke zur"uck.

Endlich, am Morgen des sechsten Tages, entdeckten wir in geringer Ferne Land, und wir dankten Allah und seinem Propheten f"ur unsere wunderbare Rettung. Diesen Tag und die folgende Nacht trieben wir an einer K"uste hin, und am siebenten Morgen glaubten wir in geringer Entfernung eine Stadt zu entdecken. Wir lieen mit vieler M"uhe einen Anker in die See, der alsobald Grund fate, setzten ein kleines Boot, das auf dem Verdeck stand, aus, und ruderten mit aller Macht der Stadt zu. Nach einer halben Stunde liefen wir in einen Flu ein, der sich in die See ergo, und stiegen ans Ufer.

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