1915 Кары (сборник)
Шрифт:
Aber der Vater war nicht in der Stimmung, solche Feinheiten zu bemerken; "Ah! " rief er gleich beim Eintritt in einem Tone, als sei er gleichzeitig w"utend und froh. Gregor zog den Kopf von der T"ur zur"uck und hob ihn gegen den Vater. So hatte er sich den Vater wirklich nicht vorgestellt, wie er jetzt dastand; allerdings hatte er in der letzten Zeit "uber dem neuartigen Herumkriechen vers"aumt, sich so wie fr"uher um die Vorg"ange in der "ubrigen Wohnung zu k"ummern, und h"atte eigentlich darauf gefasst sein m"ussen, ver"anderte Verh"altnisse anzutreffen. Trotzdem, trotzdem, war das noch der Vater? Der gleiche Mann, der m"ude im Bett vergraben lag, wenn fr"uher Gregor zu einer Gesch"aftsreise ausger"uckt war; der ihn an Abenden der Heimkehr im Schlafrock im Lehnstuhl empfangen hatte; gar nicht recht imstande war, aufzustehen, sondern zum Zeichen der Freude nur die Arme gehoben hatte, und der bei den seltenen gemeinsamen Spazierg"angen an ein paar Sonntagen im Jahr und an den h"ochsten Feiertagen zwischen Gregor und der Mutter, die schon an und f"ur sich langsam gingen, immer noch ein wenig langsamer, in seinen alten Mantel eingepackt, mit stets vorsichtig aufgesetztem Kr"uckstock sich vorw"arts arbeitete und, wenn er etwas sagen wollte, fast immer stillstand und seine Begleitung um sich versammelte? Nun aber war er recht gut aufgerichtet; in eine straffe blaue Uniform mit Goldkn"opfen gekleidet, wie sie Diener der Bankinstitute tragen; "uber dem hohen steifen Kragen des Rockes entwickelte sich sein starkes Doppelkinn; unter den buschigen Augenbrauen drang der Blick der schwarzen Augen frisch und aufmerksam hervor; das sonst zerzauste weisse Haar war zu einer peinlich genauen, leuchtenden Scheitelfrisur niedergek"ammt. Er warf seine M"utze, auf der ein Goldmonogramm, wahrscheinlich das einer Bank, angebracht war, "uber das ganze Zimmer im Bogen auf das Kanapee hin und ging, die Enden seines langen Uniformrockes zur"uckgeschlagen, die H"ande in den Hosentaschen, mit verbissenem Gesicht auf Gregor zu. Er wusste wohl selbst nicht, was er vor hatte; immerhin hob er die F"usse ungew"ohnlich hoch, und Gregor staunte "uber die Riesengr"osse seiner Stiefelsohlen. Doch hielt er sich dabei nicht auf, er wusste ja noch vom ersten Tage seines neuen Lebens her, dass der Vater ihm gegen"uber nur die gr"osste Strenge f"ur angebracht ansah. Und so lief er vor dem Vater her, stockte, wenn der Vater stehen blieb, und eilte schon wieder vorw"arts, wenn sich der Vater nur r"uhrte. So machten sie mehrmals die Runde um das Zimmer, ohne dass sich etwas Entscheidendes ereignete, ja ohne dass das Ganze infolge seines langsamen Tempos den Anschein einer Verfolgung gehabt h"atte. Deshalb blieb auch Gregor vorl"aufig auf dem Fussboden, zumal er f"urchtete, der Vater k"onnte eine Flucht auf die W"ande oder den Plafond f"ur besondere Bosheit halten. Allerdings musste sich Gregor sagen, dass er sogar dieses Laufen nicht lange aushalten w"urde, denn w"ahrend der Vater einen Schritt machte, musste er eine Unzahl von Bewegungen ausf"uhren. Atemnot begann sich schon bemerkbar zu machen, wie er ja auch in seiner fr"uheren Zeit keine ganz vertrauensw"urdige Lunge besessen hatte. Als er nun so dahintorkelte, um alle Kr"afte f"ur den Lauf zu sammeln, kaum die Augen offenhielt; in seiner Stumpfheit an eine andere Rettung als durch Laufen gar nicht dachte; und fast schon vergessen hatte, dass ihm die W"ande freistanden, die hier allerdings mit sorgf"altig geschnitzten M"obeln voll Zacken und Spitzen verstellt waren – da flog knapp neben ihm, leicht geschleudert, irgendetwas nieder und rollte vor ihm her. Es war ein Apfel; gleich flog ihm ein zweiter nach; Gregor blieb vor Schrecken stehen; ein Weiterlaufen war nutzlos, denn der Vater hatte sich entschlossen, ihn zu bombardieren. Aus der Obstschale auf der Kredenz hatte er sich die Taschen gef"ullt und warf nun, ohne vorl"aufig scharf zu zielen, Apfel f"ur Apfel. Diese kleinen roten "Apfel rollten wie elektrisiert auf dem Boden herum und stiessen aneinander. Ein schwach geworfener Apfel streifte Gregors R"ucken, glitt aber unsch"adlich ab. Ein ihm sofort nachfliegender drang dagegen f"ormlich in Gregors R"ucken ein; Gregor wollte sich weiterschleppen, als k"onne der "uberraschende unglaubliche Schmerz mit dem Ortswechsel vergehen; doch f"uhlte er sich wie festgenagelt und streckte sich in vollst"andiger Verwirrung aller Sinne. Nur mit dem letzten Blick sah er noch, wie die T"ur seines Zimmers aufgerissen wurde, und vor der schreienden Schwester die Mutter hervoreilte, im Hemd, denn die Schwester hatte sie entkleidet, um ihr in der Ohnmacht Atemfreiheit zu verschaffen, wie dann die Mutter auf den Vater zulief und ihr auf dem Weg die aufgebundenen R"ocke einer nach dem anderen zu Boden glitten, und wie sie stolpernd "uber die R"ocke auf den Vater eindrang und ihn umarmend, in g"anzlicher Vereinigung mit ihm – nun versagte aber Gregors Sehkraft schon – die H"ande an des Vaters Hinterkopf um Schonung von Gregors Leben bat.
III
Die schwere Verwundung Gregors, an der er "uber einen Monat litt – der Apfel blieb, da ihn niemand zu entfernen wagte, als sichtbares Andenken im Fleische sitzen –, schien selbst den Vater daran erinnert zu haben, dass Gregor trotz seiner gegenw"artigen traurigen und ekelhaften Gestalt ein Familienmitglied war, das man nicht wie einen Feind behandeln durfte, sondern dem gegen"uber es das Gebot der Familienpflicht war, den Widerwillen hinunterzuschlucken und zu dulden, nichts als zu dulden.
Und wenn nun auch Gregor durch seine Wunde an Beweglichkeit wahrscheinlich f"ur immer verloren hatte und vorl"aufig zur Durchquerung seines Zimmers wie ein alter Invalide lange, lange Minuten brauchte – an das Kriechen in der H"ohe war nicht zu denken –, so bekam er f"ur diese Verschlimmerung seines Zustandes einen seiner Meinung nach vollst"andig gen"ugenden Ersatz dadurch, dass immer gegen Abend die Wohnzimmert"ur, die er schon ein bis zwei Stunden vorher scharf zu beobachten pflegte, ge"offnet wurde, so dass er, im Dunkel seines Zimmers liegend, vom Wohnzimmer aus unsichtbar, die ganze Familie beim beleuchteten Tische sehen und ihre Reden, gewissermassen mit allgemeiner Erlaubnis, also ganz anders als fr"uher, anh"oren durfte.
Freilich waren es nicht mehr die lebhaften Unterhaltungen der fr"uheren Zeiten, an die Gregor in den kleinen Hotelzimmern stets mit einigem Verlangen gedacht hatte, wenn er sich m"ude in das feuchte Bettzeug hatte werfen m"ussen. Es ging jetzt meist nur sehr still zu. Der Vater schlief bald nach dem Nachtessen in seinem Sessel ein; die Mutter und Schwester ermahnten einander zur Stille; die Mutter n"ahte, weit unter das Licht vorgebeugt, feine W"asche f"ur ein Modengesch"aft; die Schwester, die eine Stellung als Verk"auferin angenommen hatte, lernte am Abend Stenographie und Franz"osisch, um vielleicht sp"ater einmal einen besseren Posten zu erreichen. Manchmal wachte der Vater auf, und als wisse er gar nicht, dass er geschlafen habe, sagte er zur Mutter: "Wie lange du heute schon wieder n"ahst! " und schlief sofort wieder ein, w"ahrend Mutter und Schwester einander m"ude zul"achelten.
Mit einer Art Eigensinn weigerte sich der Vater auch, zu Hause seine Dieneruniform abzulegen; und w"ahrend der Schlafrock nutzlos am Kleiderhaken hing, schlummerte der Vater vollst"andig angezogen auf seinem Platz, als sei er immer zu seinem Dienste bereit und warte auch hier auf die Stimme des Vorgesetzten. Infolgedessen verlor die gleich anfangs nicht neue Uniform trotz aller Sorgfalt von Mutter und Schwester an Reinlichkeit, und Gregor sah oft ganze Abende lang auf dieses "uber und "uber fleckige, mit seinen stets geputzten Goldkn"opfen leuchtende Kleid, in dem der alte Mann h"ochst unbequem und doch ruhig schlief.
Sobald die Uhr zehn schlug, suchte die Mutter durch leise Zusprache den Vater zu wecken und dann zu "uberreden, ins Bett zu gehen, denn hier war es doch kein richtiger Schlaf und diesen hatte der Vater, der um sechs Uhr seinen Dienst antreten musste, "ausserst n"otig. Aber in dem Eigensinn, der ihn, seitdem er Diener war, ergriffen hatte, bestand er immer darauf, noch l"anger bei Tisch zu bleiben, trotzdem er regelm"assig einschlief, und war dann "uberdies nur mit der gr"ossten M"uhe zu bewegen, den Sessel mit dem Bett zu vertauschen. Da mochten Mutter und Schwester mit kleinen Ermahnungen noch so sehr auf ihn eindringen, viertelstundenlang sch"uttelte er langsam den Kopf, hielt die Augen geschlossen und stand nicht auf. Die Mutter zupfte ihn am "Armel, sagte ihm Schmeichelworte ins Ohr, die Schwester verliess ihre Aufgabe, um der Mutter zu helfen, aber beim Vater verfing das nicht. Er versank nur noch tiefer in seinen Sessel. Erst bis ihn die Frauen unter den Achseln fassten, schlug er die Augen auf, sah abwechselnd die Mutter und die Schwester an und pflegte zu sagen: "Das ist ein Leben. Das ist die Ruhe meiner alten Tage. " Und auf die beiden Frauen gest"utzt, erhob er sich, umst"andlich, als sei er f"ur sich selbst die gr"osste Last, liess sich von den Frauen bis zur T"ure f"uhren, winkte ihnen dort ab und ging nun selbst"andig weiter, w"ahrend die Mutter ihr N"ahzeug, die Schwester ihre Feder eiligst hinwarfen, um hinter dem Vater zu laufen und ihm weiter behilflich zu sein.
Wer hatte in dieser abgearbeiteten und "uberm"udeten Familie Zeit, sich um Gregor mehr zu k"ummern, als unbedingt n"otig war? Der Haushalt wurde immer mehr eingeschr"ankt; das Dienstm"adchen wurde nun doch entlassen; eine riesige knochige Bedienerin mit weissem, den Kopf umflatterndem Haar kam des Morgens und des Abends, um die schwerste Arbeit zu leisten; alles andere besorgte die Mutter neben ihrer vielen N"aharbeit. Es geschah sogar, dass verschiedene Familienschmuckst"ucke, welche fr"uher die Mutter und die Schwester "ubergl"ucklich bei Unterhaltungen und Feierlichkeiten getragen hatten, verkauft wurden, wie Gregor am Abend aus der allgemeinen Besprechung der erzielten Preise erfuhr. Die gr"osste Klage war aber stets, dass man diese f"ur die gegenw"artigen Verh"altnisse allzugrosse Wohnung nicht verlassen konnte, da es nicht auszudenken war, wie man Gregor "ubersiedeln sollte. Aber Gregor sah wohl ein, dass es nicht nur die R"ucksicht auf ihn war, welche eine "Ubersiedlung verhinderte, denn ihn h"atte man doch in einer passenden Kiste mit ein paar Luftl"ochern leicht transportieren k"onnen; was die Familie haupts"achlich vom Wohnungswechsel abhielt, war vielmehr die v"ollige Hoffnungslosigkeit und der Gedanke daran, dass sie mit einem Ungl"uck geschlagen war, wie niemand sonst im ganzen Verwandten- und Bekanntenkreis. Was die Welt von armen Leuten verlangt, erf"ullten sie bis zum "aussersten, der Vater holte den kleinen Bankbeamten das Fr"uhst"uck, die Mutter opferte sich f"ur die W"asche fremder Leute, die Schwester lief nach dem Befehl der Kunden hinter dem Pulte hin und her, aber weiter reichten die Kr"afte der Familie schon nicht. Und die Wunde im R"ucken fing Gregor wie neu zu schmerzen an, wenn Mutter und Schwester, nachdem sie den Vater zu Bett gebracht hatten, nun zur"uckkehrten, die Arbeit liegen liessen, nahe zusammenr"uckten, schon Wange an Wange sassen; wenn jetzt die Mutter, auf Gregors Zimmer zeigend, sagte: "Mach’ dort die T"ur zu, Grete," und wenn nun Gregor wieder im Dunkel war, w"ahrend nebenan die Frauen ihre Tr"anen vermischten oder gar tr"anenlos den Tisch anstarrten.
Die N"achte und Tage verbrachte Gregor fast ganz ohne Schlaf. Manchmal dachte er daran, beim n"achsten "Offnen der T"ur die Angelegenheiten der Familie ganz so wie fr"uher wieder in die Hand zu nehmen; in seinen Gedanken erschienen wieder nach langer Zeit der Chef und der Prokurist, die Kommis und die Lehrjungen, der so begriffsst"utzige Hausknecht, zwei drei Freunde aus anderen Gesch"aften, ein Stubenm"adchen aus einem Hotel in der Provinz, eine liebe, fl"uchtige Erinnerung, eine Kassiererin aus einem Hutgesch"aft, um die er sich ernsthaft, aber zu langsam beworben hatte – sie alle erschienen untermischt mit Fremden oder schon Vergessenen, aber statt ihm und seiner Familie zu helfen, waren sie s"amtlich unzug"anglich, und er war froh, wenn sie verschwanden. Dann aber war er wieder gar nicht in der Laune, sich um seine Familie zu sorgen, bloss Wut "uber die schlechte Wartung erf"ullte ihn, und trotzdem er sich nichts vorstellen konnte, worauf er Appetit gehabt h"atte, machte er doch Pl"ane, wie er in die Speisekammer gelangen k"onnte, um dort zu nehmen, was ihm, auch wenn er keinen Hunger hatte, immerhin geb"uhrte. Ohne jetzt mehr nachzudenken, womit man Gregor einen besonderen Gefallen machen k"onnte, schob die Schwester eiligst, ehe sie morgens und mittags ins Gesch"aft lief, mit dem Fuss irgendeine beliebige Speise in Gregors Zimmer hinein, um sie am Abend, gleichg"ultig dagegen, ob die Speise vielleicht nur verkostet oder – der h"aufigste Fall – g"anzlich unber"uhrt war, mit einem Schwenken des Besens hinauszukehren. Das Aufr"aumen des Zimmers, das sie nun immer abends besorgte, konnte gar nicht mehr schneller getan sein. Schmutzstreifen zogen sich die W"ande entlang, hie und da lagen Kn"auel von Staub und Unrat. In der ersten Zeit stellte sich Gregor bei der Ankunft der Schwester in derartige besonders bezeichnende Winkel, um ihr durch diese Stellung gewissermassen einen Vorwurf zu machen. Aber er h"atte wohl wochenlang dort bleiben k"onnen, ohne dass sich die Schwester gebessert h"atte; sie sah ja den Schmutz genau so wie er, aber sie hatte sich eben entschlossen, ihn zu lassen. Dabei wachte sie mit einer an ihr ganz neuen Empfindlichkeit, die "uberhaupt die ganze Familie ergriffen hatte, dar"uber, dass das Aufr"aumen von Gregors Zimmer ihr vorbehalten blieb. Einmal hatte die Mutter Gregors Zimmer einer grossen Reinigung unterzogen, die ihr nur nach Verbrauch einiger K"ubel Wasser gelungen war – die viele Feuchtigkeit kr"ankte allerdings Gregor auch und er lag breit, verbittert und unbeweglich auf dem Kanapee –, aber die Strafe blieb f"ur die Mutter nicht aus. Denn kaum hatte am Abend die Schwester die Ver"anderung in Gregors Zimmer bemerkt, als sie, aufs h"ochste beleidigt, ins Wohnzimmer lief und, trotz der beschw"orend erhobenen H"ande der Mutter, in einen Weinkrampf ausbrach, dem die Eltern – der Vater war nat"urlich aus seinem Sessel aufgeschreckt worden – zuerst erstaunt und hilflos zusahen, bis auch sie sich zu r"uhren anfingen; der Vater rechts der Mutter Vorw"urfe machte, dass sie Gregors Zimmer nicht der Schwester zur Reinigung "uberliess; links dagegen die Schwester anschrie, sie werde niemals mehr Gregors Zimmer reinigen d"urfen; w"ahrend die Mutter den Vater, der sich vor Erregung nicht mehr kannte, ins Schlafzimmer zu schleppen suchte; die Schwester, von Schluchzen gesch"uttelt, mit ihren kleinen F"austen den Tisch bearbeitete; und Gregor laut vor Wut dar"uber zischte, dass es keinem einfiel, die T"ur zu schliessen und ihm diesen Anblick und L"arm zu ersparen.
Aber selbst wenn die Schwester, ersch"opft von ihrer Berufsarbeit, dessen "uberdr"ussig geworden war, f"ur Gregor, wie fr"uher, zu sorgen, so h"atte noch keineswegs die Mutter f"ur sie eintreten m"ussen und Gregor h"atte doch nicht vernachl"assigt werden brauchen. Denn nun war die Bedienerin da. Diese alte Witwe, die in ihrem langen Leben mit Hilfe ihres starken Knochenbaues das "Argste "uberstanden haben mochte, hatte keinen eigentlichen Abscheu vor Gregor. Ohne irgendwie neugierig zu sein, hatte sie zuf"allig einmal die T"ur von Gregors Zimmer aufgemacht und war im Anblick Gregors, der, g"anzlich "uberrascht, trotzdem ihn niemand jagte, hin und herzulaufen begann, die H"ande im Schoss gefaltet staunend stehen geblieben. Seitdem vers"aumte sie nicht, stets fl"uchtig morgens und abends die T"ur ein wenig zu "offnen und zu Gregor hineinzuschauen. Anfangs rief sie ihn auch zu sich herbei, mit Worten, die sie wahrscheinlich f"ur freundlich hielt, wie "Komm mal her"uber, alter Mistk"afer!" oder "Seht mal den alten Mistk"afer!" Auf solche Ansprachen antwortete Gregor mit nichts, sondern blieb unbeweglich auf seinem Platz, als sei die T"ur gar nicht ge"offnet worden. H"atte man doch dieser Bedienerin, statt sie nach ihrer Laune ihn nutzlos st"oren zu lassen, lieber den Befehl gegeben, sein Zimmer t"aglich zu reinigen! Einmal am fr"uhen Morgen – ein heftiger Regen, vielleicht schon ein Zeichen des kommenden Fr"uhjahrs, schlug an die Scheiben – war Gregor, als die Bedienerin mit ihren Redensarten wieder begann, derartig erbittert, dass er, wie zum Angriff, allerdings langsam und hinf"allig, sich gegen sie wendete. Die Bedienerin aber, statt sich zu f"urchten, hob bloss einen in der N"ahe der T"ur befindlichen Stuhl hoch empor, und wie sie mit gross ge"offnetem Munde dastand, war ihre Absicht klar, den Mund erst zu schliessen, wenn der Sessel in ihrer Hand auf Gregors R"ucken niederschlagen w"urde. "Also weiter geht es nicht?" fragte sie, als Gregor sich wieder umdrehte, und stellte den Sessel ruhig in die Ecke zur"uck.
Gregor ass nun fast gar nichts mehr. Nur wenn er zuf"allig an der vorbereiteten Speise vor"uberkam, nahm er zum Spiel einen Bissen in den Mund, hielt ihn dort stundenlang und spie ihn dann meist wieder aus. Zuerst dachte er, es sei die Trauer "uber den Zustand seines Zimmers, die ihn vom Essen abhalte, aber gerade mit den Ver"anderungen des Zimmers s"ohnte er sich sehr bald aus. Man hatte sich angew"ohnt, Dinge, die man anderswo nicht unterbringen konnte, in dieses Zimmer hineinzustellen, und solcher Dinge gab es nun viele, da man ein Zimmer der Wohnung an drei Zimmerherren vermietet hatte. Diese ernsten Herren – alle drei hatten Vollb"arte, wie Gregor einmal durch eine T"urspalte feststellte – waren peinlich auf Ordnung, nicht nur in ihrem Zimmer, sondern, da sie sich nun einmal hier eingemietet hatten, in der ganzen Wirtschaft, also insbesondere in der K"uche, bedacht. Unn"utzen oder gar schmutzigen Kram ertrugen sie nicht. "Uberdies hatten sie zum gr"ossten Teil ihre eigenen Einrichtungsst"ucke mitgebracht. Aus diesem Grunde waren viele Dinge "uberfl"ussig geworden, die zwar nicht verk"auflich waren, die man aber auch nicht wegwerfen wollte. Alle diese wanderten in Gregors Zimmer. Ebenso auch die Aschenkiste und die Abfallkiste aus der K"uche. Was nur im Augenblick unbrauchbar war, schleuderte die Bedienerin, die es immer sehr eilig hatte, einfach in Gregors Zimmer; Gregor sah gl"ucklicherweise meist nur den betreffenden Gegenstand und die Hand, die ihn hielt. Die Bedienerin hatte vielleicht die Absicht, bei Zeit und Gelegenheit die Dinge wieder zu holen oder alle insgesamt mit einemmal hinauszuwerfen, tats"achlich aber blieben sie dort liegen, wohin sie durch den ersten Wurf gekommen waren, wenn nicht Gregor sich durch das Rumpelzeug wand und es in Bewegung brachte, zuerst gezwungen, weil kein sonstiger Platz zum Kriechen frei war, sp"ater aber mit wachsendem Vergn"ugen, obwohl er nach solchen Wanderungen, zum Sterben m"ude und traurig, wieder stundenlang sich nicht r"uhrte.