Der R?uber
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Tja… es liegt hier sicher, aber wo genau? Ich durchsuchte die R"aume des Gesch"afts, mir fiel jedoch nicht ein, wo das Gewehr herumliegen k"onnte. Also begann ich von vorn, das Gesch"aft systematisch zu durchk"ammen.
Ein Schuss und fast zeitgleich die Salve aus der Maschinenpistole. Kein Schrei, keine Schritte oder anderer L"arm. Das heisst, der Verk"aufer war auf der Stelle tot und stolperte direkt hier. Da liegt der Klient, die H"ande seitw"arts ausgestreckt und verbreitet bereits Leichengeruch.
Die meisten schiessen mit rechts und auch dieser Typ ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Als ihn die zehn Kugeln in die Brust trafen, brach er auf der Stelle zusammen. Die Waffe muss hier irgendwo sein.
Ich hocke am Boden und sehe mich um und entdecke das gl"anzende Metall des Gewehrkolbens. Die Waffe ist unter das umgest"urzte Regal gerutscht, deshalb hat sie auch niemand bemerkt! Es gab aber noch einen Grund daf"ur. Der einstige Besitzer hatte den Kolben abges"agt, fast… ich glaube, das heisst Pistolenschaft. Der Lauf war ohnehin schon recht kurz. Die Waffe kann man getrost unter einer Jacke, einem Mantel oder sogar einem Jackett tragen, ohne dass es jemand bemerkt. Es ist eine Schrotflinte mit abges"agtem Lauf. Gew"ohnlich ist auch der Gewehrkolben k"urzer. Ich habe sie im Museum gesehen. Damit konnte man damals h"ochstens aus n"achster N"ahe schiessen. Mit abges"agtem Lauf trifft sie auf f"unfzig Meter, vorausgesetzt, man trifft.
Keine Ahnung, zu welcher Kategorie von Jagdwaffen sie geh"ort, ich bin kein Fachmann f"ur Waffen. In einem Hausflur kann ich jedenfalls damit herumknallen, ohne gross zu zielen. Geladen wird sie, indem ich das Holzteil unter dem Lauf zu mir heranziehe. In den Filmen hiess das Pumpe, deshalb auch die Bezeichnung Pumpgun, vermutlich, "ahnlich wie eine Fahrradluftpumpe.
Ich nehme den Toten unter die Lupe. Seine Taschen sind bereits umgest"ulpt, vielleicht waren das sogar die MPi-Sch"utzen. Da ist nichts "ubriggeblieben. Ausserdem habe ich keine Lust, den Toten umzudrehen. Der Leichengeruch steigt mir in die Nase und ich habe nicht die Absicht, mich zu vergiften.
Wieder zur"uck im B"uro bemerkte ich, dass die Waffe etwas Rost angesetzt hatte. Kein Problem, in der improvisierten B"urok"uche gibt es Sonnenblumen"ol, das gen"ugt erst einmal. In einer der n"achsten Wohnungen werde ich sicher normales Feinmechanik"ol finden. Mit M"uhe gelingt es mir, die Waffe zu zerlegen. Wie erwartet, hatte der Sch"utze keine Zeit mehr, die Waffe nachzuladen. Ich zog die nach Pulver riechende H"ulse heraus. Laut Markierung an der H"ulse hat die Waffe Kaliber zw"olf. Meine G"uter, die reisst ja riesige L"ocher von fast zwei Zentimetern Durchmesser. Wie sehen denn dann die Einsch"usse einer zwanzig Kaliber Waffe aus? Vielleicht wird das auch anderes berechnet. Wenn ich mich recht erinnere, wird diese Waffengattung auch als Lupara bzw. Wolfst"oter bezeichnet. Sicher gibt es da einen Zusammenhang. Ich habe nur drei Patronen. Die zwei H"ulsen sind mit einer Flugente verziert, auf den Karton der dritten H"ulse, der den Patronenhals verschliesst, sind Ziffern aufgedruckt – vier Nullen. Und? Was jetzt? Was wird wo hineingesteckt?
Ich wische die Waffe ab und baue sie wieder zusammen. Das war "ubrigens einfacher als erwartet. schliesslich handelt es sich nicht um die Einrichtung eines Druckers nach planm"assigen Wartungsarbeiten! Mit welchen Ger"aten ich mich in meinem Leben schon herumgeschlagen habe, Druckerreparaturen waren noch am einfachsten. Ich ziehe am Abzug, bewege das Holzteil unter dem Lauf und drehe die Waffe hin und her.
Das schnelle Abziehen funktioniert noch nicht, wie ich es mir vorgestellt habe oder wie es im Film zu sehen ist… schnell umdrehen, anlegen und abziehen und alle weiteren hinreichend bekannten Kunstst"ucke! Na ja, das ist eben Kino! Da sind alle eingefleischte Scharfsch"utzen. Ich bezweifle aber, dass es mit meinen Schiessk"unsten weit her ist. Mit viel Gl"uck treffe ich m"oglicherweise auf zehn Meter die Eingangst"ur.
Die passenden Patronen werde ich mir beim H"andler besorgen m"ussen. Er r"ustet seinen Wachdienst aus, deshalb hat er auch einen Vorrat oder weiss, wo ich welche bekomme. Das heisst, wieder leere Flaschen sammeln, ab in den Keller und unter die Wasserleitung. Ich muss mir etwas anderes einfallen lassen. Diese Einkommensquelle sorgt zwar daf"ur, dass ich nicht Hungers sterbe, aber auch sie wird einmal versiegen. Der H"andler hat bald genug Wasser. Irgendwann werden auch die Kunststoffflaschen alle sein. Und was dann? Noch habe ich darauf keine Antwort.
Der Wachmann zeigt keinerlei Regung, als er den Wolfst"oter unter der Kleidung entdeckt.
„Ein bisschen zugelegt, was?“
„Sieht so aus…“, stimme ich zu.
Warum sollte ich es abstreiten? Mit diesen Jungs halte ich lieber Freundschaft.
„Dahin…“, nickt die Wache. „Siehst du die Kiste? Da legst du sie rein.“
Der MPi-Sch"utze hinter dem Gitter beobachtet mich aufmerksam. Wer weiss!
Der Verk"aufer (er heisst Artemi, wie sich herausstellt) wirft alle Flaschen l"assig in den Kasten.
„Was willst du?“
„Patronen. Kaliber zw"olf.“
Er spitzt die Lippen und betrachtet skeptisch meine Flaschen.
„Ein paar Schachteln kannst du haben. Zwei Schachteln Schrapnelle oder Schrotkugeln. Davon kannst du drei Schachteln haben.“
„Fifty-fifty.“
„Was?“
„Na, jeweils die H"alfte. Wie viele Patronen sind in einer Schachtel.“
Der H"andler grinst.
„Mathematiker? Da passen jeweils zehn St"uck rein. Eine Schachtel Schrapnelle…“ Er z"ogert einen Moment, „und ein Dutzend Schrotkugeln.“
„F"unfzehn!“
Wir einigen uns auf vierzehn.
Nebenbei erfahre ich, dass Schrotkugeln einen Durchmesser von ca. vier bis f"unf Millimetern haben. Angesichts des kleinen Kalibers der Waffe reicht das auf kurze Distanz auf jeden Fall. Auf der gegen"uberliegenden Strasse w"urde ich auch nichts treffen oder h"ochstens einen Elefanten.
Beim Verlassen des Gesch"afts stelle ich fest, dass mein Wolfst"oter nicht geladen ist. Die Patronen liegen aufgereiht neben der Waffe.
Der Wachmann erkl"art mir: „Das n"achste Mal machst du das selbst. Komm nie mit einer geladenen Waffe herein, andernfalls legen wir dich um.“
„Wie bitte?“
„Wir erschiessen dich und das war`s.“
Sehr gastfreundliche Menschen hier.
Ich verstecke die Waffe unter der Jacke und gehe auf die Strasse hinaus. Der Beobachtungsstand der Banditen muss hier ganz in der N"ahe sein. Ich glaube, das ist die Bezeichnung dieser Orte. Von dort k"onnen sie alles gut "uberblicken und sehen, wer das Gesch"aft betritt und verl"asst. Jetzt ist auch klar, warum sich die Zufahrten und Wege zum Gesch"aft ver"andert haben. Die G"aste sollen auf bestimmten Pfaden zum Gesch"aft gelangen. Der Baum dort dr"uben ist pl"otzlich umgefallen und der M"ullhaufen hier ist neu. Die Beh"alter sind seltsam aufgestellt und an Stellen, wo sie "uberhaupt nicht hingeh"oren. Diesen stinkenden Platz wird niemand betreten. Es kann auch niemand unter dem Baum zum Gesch"aft kriechen. Die G"aste werden da entlanggehen, wo es sauber und angenehm ist.