Der R?uber
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„Und was passiert dann mit ihnen? Gibt es hier wenigstens Essen?“
„Gestern teilten sie Fischkonserven aus. Wasser ist dort, die Toilette hat einen Wasserhahn. Ich vermute Sie wurden gefangen, um den Verletzten zu ersetzen. Mich k"onnen sie nicht mehr gebrauchen. Ich kann ja kaum gehen! Hoffentlich lassen sie mich frei…“
Toll! Das hat er sich fein ausgedacht. Sie lassen ihn frei! Und was wird aus mir? Ich werde f"ur diese… schuften. Dieser Gedanke macht mir Angst. Mein Nachbar sch"uttelt mit dem Kopf. Seiner Meinung nach, ist alles halb so schlimm. Fr"uher oder sp"ater sind die Wohnungen abgegrast. Dann brauchen sie die Gefangenen nicht mehr, die sie durchf"uttern m"ussen.
„Sie werden auch Sie wieder laufen lassen. Sie werden sehen! Eine Woche oder etwas l"anger… Ausserdem werden dann die Beamten und Polizisten auf jeden Fall wieder hier sein! Sie k"onnen die Stadt doch nicht einfach den Banditen "uberlassen. Die Banditen da draussen werden sich verantworten m"ussen… warum sich zus"atzlich Probleme aufladen?“
Ich kann seinem Optimismus nichts abgewinnen, obwohl er nicht v"ollig unbegr"undet ist. Na gut, wie war das mit dem Wasser?
Ich trinke Wasser und wasche mir das Gesicht. Dann sehe ich mich in der Baracke um. Nichts, was uns weiterhelfen k"onnten und die zwei T"uren, die zu anderen R"aumen f"uhren, sind nicht nur abgeschlossen, sondern auch mit Brettern zugenagelt. Ich habe genug gesehen und setze mich auf die Matratze, die an der Wand liegt. Ich war eingeschlafen und wurde mit Fusstritten geweckt. Meine G"ute, wird das jetzt zur Tradition?
„Was willst du!“
„Du hast es dir auf meiner Matratze bequem gemacht!“
Ein schmaler, zotteliger Bursche schaut b"ose auf mich herunter.
„Such dir eine andere Matratze! Da liegen noch mehr!“
„Verpiss dich!“
Die anderen Bewohner der Baracke sehen aus der Ferne zu. Die langweilen sich wohl? Der h"atte eine auf die Fresse verdient. Oder vielleicht ist Pawel die Ramme nicht zuf"allig auf die F"usse gefallen? Er hatte es angedeutet. Jetzt bloss keine Pr"ugelei vom Zaun brechen.
„Hier, steck dir deine Matratze sonst wohin!“
Ich stehe auf und wende mich ab, um den Platz zu verlassen. Der B"artige tritt mit Schwung mit dem Bein nach. Jedenfalls denkt er das. Ich schaffe es, mich rechtzeitig wegzudrehen, er trifft daneben und kracht mit voller Wucht gegen die Barackenwand. Das Metall scheppert dumpf und sofort ert"ont von der T"ur Gebr"ull.
„He, ihr langweilt euch wohl?! Haltet alle die Klappe! Sonst komm ich und sorge ein endg"ultig f"ur Ordnung!“
Der Schreihals scheint es ernst zu meinen, selbst der St"orenfried wird sofort ruhig. Er knirscht mit den Z"ahnen und kriecht zu Seite.
„Das war ein Fehler!“, r"ugt mich Pawel vorwurfsvoll: „Wir sollten uns nicht streiten.“
„Ich habe ihm nichts getan! Er hat selbst damit angefangen!“
„Grischa ist unser Brigadier. Den sollte man besser zum Freund haben.“
„Aha, andernfalls bekommt der n"achste den Rammbock auf den Fuss?“
Mein Gespr"achspartner wendet sich gekr"ankt ab. Aber es sieht so aus, als h"atte ich Recht!
Wenigstens habe ich ausgeschlafen! Wenn auch nicht gerade ruhig. Ich war mehrmals wachgeworden und hatte mich aufgesetzt. Offenbar kein Zufall. Ich hatte das Gef"uhl, dass jemand "uber mir steht. Als ich aufwachte, war er schnell verschwunden. Er war ganz still und gab sich nicht zu erkennen. Ich war im Halbschlaf, schrie nicht und sprang nicht auf. Wozu? Lieber nicht auffallen. Ich wartete, aber es geschah nichts.
* * *
„Na ihr elenden Halunken!“ Vor uns stolziert ein rothaariger Bulle auf und ab. „Gratulation zur Verst"arkung!“
Er nickt in meine Richtung.
„Deshalb werdet ihr ab jetzt mit dem geb"uhrenden Eifer arbeiten, anstatt zu faulenzen! Ansonsten gibt es das Abendbrot zum Mittagessen! Morgen zum Mittagessen! Fragen? Nein? Dann nehmt die Beine in die Hand und Abmarsch!“
Uns fiel der Eingang eines Plattenbaus zu. Die Wache liess die Truppe vor dem Haus antreten und wies uns mit wenigen Worten und ohne grosse Umschweife ein.
Die Rammbocktr"ager gehen voran und steigen die Treppe bis zum h"ochsten Stockwerk hinauf. Anschliessend schlagen sie die Treppe abw"arts nacheinander mit dem improvisierten Rammbock alle Wohnungst"uren ein. Sie arbeiten sich ohne Pause von Stockwerk zu Stockwerk durch. Die Suchtrupps folgen den Rammbocktr"agern, jeweils zwei Mann durchsuchen eine Wohnung. Der Wachmann mit der Pistole betritt die Wohnung zuerst und beaufsichtigt den Suchtrupp. Er verl"asst die Wohnung als letzter. Ein weiterer Wachmann mit Gewehr steht auf dem h"ochsten Treppenabsatz und kontrolliert alles, was er sieht.
Das Essen auf dem Tisch oder in ge"offneten Konserven kann gegessen werden. Konserven zu "offnen, ist verboten. Sie m"ussen auf den Treppenabsatz gebracht und sortiert werden. Die Tr"ager tragen sie weg. Das ist ein Sondertrupp der Brigade. Bekleidung wie Jacken, Hosen und Schuhe werden separat abgelegt. M"antel und Frauenbekleidung sind unn"utz und bleiben in der Wohnung. Das Gleiche gilt f"ur die Haushaltsger"ate, die keinen interessieren. Sofern Wertsachen gefunden wurden, ist das dem Wachmann sofort zu melden. Waffen, einschliesslich K"uchenmesser, d"urfen nicht ber"uhrt werden, andernfalls droht die Erschiessung an Ort und Stelle. Nicht nur dem "Ubelt"ater, sondern dem gesamten Trupp. F"ur Geld, Wertsachen und Waffen gibt es als Belohnung zwei selbst gew"ahlte Konservendosen. Die Konserven d"urfen sofort gegessen werden. Man darf den anderen aber nichts abgeben, sondern werden sie einem sofort wieder abgenommen.
Medikamente sind ein Kapitel f"ur sich. Sie werden ausnahmslos eingesammelt. Alkohol erfordert einen besonders sorgf"altigen Umgang. Das war's.
„Noch dumme Fragen? Nein? Los geht's!“
Unser b"artiger Brigadier tritt nach vorn.
„He, ihr da! Du und du“, er zeigt mit dem schmutzigen Finger auf die Betreffenden: „Ihr tragt die Ramme! Und ihr zwei.“
Ich bin auch dabei.
Die Rammer sind nicht zu beneiden. Das ist mir morgens bei den Gespr"achen aufgefallen. Sie laufen zwar nicht nach oben und unten wie die Tr"ager, aber sie leiden nicht unter der groben Behandlung der Wachm"anner wie die Schl"achter, die die Wohnungen ausschlachten. Das war das einzig Positive daran, den ber"uchtigten Balken zu schleppen (eine ca. siebzig Kilogramm schwere Metallbohle mit angeschweissten Halte– und Tragegriffen). Wenn die Rammer fertig sind, helfen sie den Tr"agern. Aber keiner von ihnen darf sich in den Wohnungen Sachen aneignen. Das bedeutet, auf der Stelle erschossen zu werden.
Deshalb haben die Ausschlachter die „eintr"aglichste“ (aber auch die riskanteste) Arbeit. Meistens sind das die Kumpel des Brigadiers. Da ich nicht dazu z"ahle, wurde ich der Ramme zugeteilt.
Ich n"ahere mich dem Balken und nehme Mass.
„Eh“, sagt der Wachmann.
Er wendet sich dem Brigadier zu.
„Jawohl!“
„Warum hast du diesen Schw"achling f"ur die Ramme ausgew"ahlt?“
„Bei uns ist einer ausgefallen.“
„Hast du keinen kr"aftigeren Arbeiter? Der hat ja nur Haut und Knochen! Rachitis.“